world wide Wahnsinn

Ist witzig wirklich wichtig?

Als ich heute Entspannung suchend durch mein Internet blätterte, blieb mein Blick auf einem Artikel stehen, in dem ein durchaus bekannter Redakteur des "Spiegel" eine seiner häufigen Glossen verfasst hat. In dieser ging es um den Comedian Mario Barth.

Nun ist es sicher kein Verbrechen diesen nicht zu mögen - über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Damit ergibt sich aber auch genau der zentrale Denkfehler des Artikels, der nämlich genau dies versucht. Ich vermute mal, dass jeder, der sich auch nur ein bischen für diese Form der Unterhaltung erwärmen kann, in der schnell wachsenden Gemeinde der deutschen Comedians jene findet die er liebt bzw. hasst. Es ist wohl auch unstrittig, dass Herr Barth sich nicht unbedingt um ein besonderes intellektuelles Niveau bemüht, fraglich ist allerdings ob man aus diesem Umstand kombiniert mit Barths wirtschaftlichem Erfolg den heraufziehenden Untergang des Abendlandes ableiten kann.

Laurel und Hardy haben zweifellos auch nicht ansatzweise die feinen Nuancen eines Charlie Chaplin beherrscht (dem das letztlich das Exil einbrachte), dennoch folgte auch ihren gut besuchten Filmvorführungen üblicherweise nicht die Apokalypse. Eine interessante Beobachtung, die ich im Laufe der Jahre gemacht habe ist die, dass Humor eigentlich immer verloren geht wenn er allzu genau betrachtet wird. Das scheint so etwas wie die Heisenberg'sche Unschärferelation des Intellekts zu sein (in der Physik heißt das vereinfacht, dass die Beobachtung selbst das Ergebnis verfälscht, weil das beobachtete System beeinflusst wird). Auch ein Volker Pispers baut einen Teil seines Programms auf dem gesammelten Vortragen von Statistiken auf. Das (durchaus beträchtliche) Amüsement der Zuschauer resultiert aber aus der Art des Vortrags womit ein Bezug zu (hoffentlich) bekanntem hergestellt wird.

Es ist Teil des Humors, dass er sich auf jedem Niveau praktizieren lässt. Ich selbst halte es für wichtig, dass man sich selbst eine ironische Distanz zu Dingen verschaffen kann, ganz gleich ob sie ernster Natur oder völlig belanglos sind. Die Fähigkait etwas aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten hält den Geist in jedem Fall aktiv, da spielt das Beobachtete selber eigentlich gar keine Rolle. Wichtig ist allenfalls (für den Zuschauer), dass man den Witz versteht. Dieser Humor scheint dem oben genannten Autor aber leider abhanden gekommen zu sein.

In seinem Text versucht besagter Redakteur sich an allerbilligsten Wortspielen und Kalauern (nicht, dass ich schlechten Scherzen abgeneigt wäre - ganz im Gegenteil) allerdings ohne erkennbar zu machen, dass es sich eventuell nur um ein Stilmittel handeln soll. Wenn man schon versucht jemanden (der vermutlich ohnehin ein dickes Fell hat) zur Minna zu machen, dann sollte man vielleicht (als gut bezahlter Profi) vermeiden dies ausgerechnet "auf die witzige Art" zu machen, wenn man selbst völlig witzlos ist.

Und während ich dem Gedanken nachhänge warum gute oder schlechte Comedyshows so furchtbar wichtig sein sollen, erscheint mir die Welt doch sehr seltsam.

Kommentare (5) -

  • doggy
    Meine abendliche Lektüre, damit meine ich dein Blog, sollte ich wohl auf eine andere Uhrzeit legen. Denn manchmal fällt es mir schwer deinen Worten zu folgen. Was natürlich an mangelnder Intelligenz liegen mag oder einfach an dem Fakt, das ich Abends einfach zu platt bin für solch erstklassische Gedanken Smile
  • Fenrir
    Mit ein paar Formulierungen bin ich selbst nicht so glücklich, aber im großen und ganzen ging es um einen fiesen Verriss von Mario Barth als Künstler und Mensch, den ich so nicht stehen lassen wollte und den ich deshalb nicht verlinkt habe um nicht noch mehr Aufmerksamkeit darauf zu lenken.
  • es Füchsje^^
    Ich bitte um den Link. Ganz still und heimlich - morgen auf der Arbeit oder per Steam. ;)

    Grüße
  • ziggyonline
    Ich will mich deinen Ausführungen anschließen - wenn ein Klatsch- Kolumnist nicht in der Lage ist, objektiv über Sachverhalte zu berichten und nur voller Neid den o.g. Künstler angreifen will, kann ich das auch nicht oder nur schwer nachvollziehen !

    @doggy:
    Wahl der Worte/Zeit von Fenrir: -> Gewohnheit ist Alles Smile oder nen guten Whisky wählen...
  • Morgan
    In letzter Zeit beobachte ich zunehmend häufig Verrisse von Personen oder Werken, die nicht als "intellektuell" gelten. Das halte ich für eine böse Überheblichkeit einerseits - der Kritiker als Maßstab -, andererseits aber auch für eine Beleidigung aller Menschen, die die verrissenen Werke und Künstler gut finden. Nicht falsch verstehen - ich schätze das Auftreten und die Darbietungen eines Hansi Krause ("Zehn nackte Frisösen") oder Literatur à la Rosamunde Pilcher auch nicht sonderlich. Und sicherlich könnte man etliches finden, was gegen diese Art von Literatur oder Entertainment spricht, würde man sich allein auf die handwerklichen Grundlagen der Komposition oder der Belletristik beschränken. Das würde sicherlich reichen für eine "schlechte Kritik" und dem hätte ich auch nichts entgegenzusetzen.
    Aber die neue (?) Lust am Verriss von allem und jedem, das in den Augen des Kritikers nicht als intellektuell hochstehend zu werten ist, ärgert mich und macht mich auch wütend.
    Bin ich dumm, weil ich den ach so anspruchsvollen Free Jazz nicht mag (ich glaube immer, da liefen Katzen übers Piano)? Bin ich naiv und weltfremd, weil es hochgelobte Filme gibt, nach deren Betrachtung ich mit Depressionen aus dem Kino schleiche und die Dinge in meiner Umgebung nur noch nach ihrer Eignung wahrnehme, mich daran aufzuhängen oder von ihnen herunterzustürzen?
    Ich möchte selbst entscheiden können, was ich höre, sehe oder lese. Ohne dass mir jemand suggeriert, ich offenbare anhand meiner Präferenzen meine geistige oder soziale Leistungsfähigkeit. Und worüber ich lache.
    Über Mario Barth kann ich nicht immer lachen. Das liegt vermutlich weniger an Mario Barth als an meiner Auffassung von Humor (nicht umsonst bin ich Frau fenrir und nicht Frau Barth).
    Dass man ihn beleidigt - und mit ihm alle, die ihn gut finden - kann ich dennoch nicht gutheißen.
    Besagtem Kritiker empfehle ich mal eine eingehende Selbstanalyse, warum ihn der Comedian Barth so aufregt.
    Wie heißt es so schön: Getroffene Hunde bellen...
    Aber